Riesenmuschel – Tridacna gigas

Riesenmuscheln haben sich als einzigartige Anpassung an einen nährstoffarmen Lebensraum im Meer entwickelt. Während herkömmliche Muscheln als Filtrierer leben und sich von Plankton ernähren, besitzen die Riesenmuscheln der Familie Tridacnidae Symbiosealgen. Das bedeutet, dass sie in ihrem Körper winzige, einzellige Pflanzen züchten, deren Abfallstoffe sie als Nährstoff verwenden. Und im Gegenzug reichen die Muscheln ihre eigenen Abfallstoffe an die Symbiosealgen weiter, die diese wiederum als Nährstoff verwerten. Das ist eine Kreislaufwirtschaft auf kleinstem Raum. Man bezeichnet sie als „Endosymbiose“, und sie hilft den Muscheln auch bei der Kalkgewinnung aus dem Meerwasser. Das erklärt, warum sie riesengroß werden können, größer als fast alle anderen Muschelarten, die nur von Plankton leben.

Die größte Art der Riesenmuscheln ist Tridacna gigas. Dieser Gigant unter den Mollusken war schon immer Stoff für Legenden, ähnlich wie Riesenkraken, die mit suppentellergroßen Saugnäpfen an ihren Armen angeblich Schiffe in die Tiefe gerissen haben sollen. „Mördermuscheln“ nennt man diese harmlosen Tiere und erzählt sich furchterregende Geschichten über sie. Aber das sind nichts als phantasiegetragene Schilderungen rumbenebelter Schiffskapitäne vergangener Epochen.

Tridacna gigas, 110 cm Schalenlänge, Raja Ampat, Indonesien

Die Schalenlänge von Tridacna gigas kann bis zu 120 cm erreichen, und das Gewicht der einzelnen Schale bis zu 200 kg. Sie hat sich an das Leben in schlammigen Seegraswiesen angepasst. Hier ist das Wasser weitaus weniger klar, als direkt im Korallenriff, so dass es hilfreich ist, mehr Symbiosealgen zu besitzen. Das allerdings erfordert auch mehr Platz, und so muss der Mantellappen, in dem diese einzelligen Pflanzen sich befinden, größer sein.

Anders als andere Muscheln heften sich ausgewachsene Riesenmuscheln nicht mit Byssusfäden am Untergrund fest, sondern bleiben allein durch ihr Schalengewicht an Ort und Stelle. Unten sind die Schalen am dicksten, und dadurch sitzt der Schwerpunkt bei geöffneten Schalen sehr tief: Ist eine Tridacna gigas also bei geschlossenen Schalen von Wasserturbulenzen umgeworfen worden, dann kann sie sich einfach durch das Öffnen der Schalen wieder aufrichten.

Riesenmuscheln bildeten früher dichte Kolonien. Heute findet man solche Ansammlungen kaum noch, weil sie durch illegale Fischerei zerstört werden. Der Grund ist, dass vor allem in Asien viele Menschen große Summen für den Schalenschließmuskel bezahlen, den sie gern essen, weil sie ihm aphrodisierende Kräfte zuschreiben. Dadurch wurden alle Riesenmuschelarten weltweit dezimiert, einige Arten praktisch sogar ausgerottet.

Tridacna gigas im Korallenriff (Palawan, Philippinen)

Gelegentlich wurden solche Schalenansammlungen in vergangenen Jahrtausenden von dichtem Schlamm bedeckt und konnten im Laufe langer Zeit zu Fossilien werden. Einzelne, kleinere Exemplare findet man in den Tropen recht häufig als Fossil, doch es ist sehr selten, dass riesig große Tridacna-gigas-Schalen in größerer Zahl aus vergangenen Jahrtausenden erhalten geblieben sind.

Für Aquarien werden Riesenmuscheln heute in speziellen Farmen gezüchtet. Allerdings pflegt man in Aquarien meist die kleiner bleibenden Riesenmuschelarten und nur selten Tridacna gigas. Gelegentlich kommt aber doch ein Exemplar in ein Aquarium, das dann natürlich entsprechend groß sein muss. Die älteste und größte Tridacna gigas, die sich in einem Aquarium befindet, lebt in Hawaii, und zwar im Waikiki-Aquarium. Sie wird dort schon seit mehr als 30 Jahren gepflegt, hat eine Schalenlänge von fast 100 cm erreicht und ist noch immer bei bester Gesundheit. Zwar weiß man noch immer nicht genau, wie alt Riesenmuscheln werden können, doch man muss davon ausgehen, dass die Tridacna gigas in Hawaii auch heute noch immer eine recht junge Muscheldame ist.

Text und Bilder: mit freundlicher Genehmigung und zur Verfügung gestellt von Daniel Knop (u.a. Autor von: “Riesenmuscheln: Arten und Pflege im Aquarium”, 2009, Meerwasseraquaristik-Fachmagazin “KORALLE”).
Herzlichen Dank!